No Turning Back (2014)

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Sam Trautman
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No Turning Back (2014)

Beitrag von Sam Trautman » Freitag 2. Januar 2015, 00:01

Stab

Director: Steven Knight
Writer: Steven Knight
Stars: Tom Hardy, Olivia Colman, Ruth Wilson | See full cast and crew »

Kritik

Tom Hardy unterwegs im Auto auf dem Highway seines Lebens. Gepflastert mit Leid, Verlust und Schmerz. Steven Knight lässt Hardys seelischen Drehzahlmesser bis in den roten Bereich drehen und wir sitzen dabei mittendrin -auf dem Beifahrersitz seines BMW, den er unaufhörlich, pausenlos Kilometer um Kilometer fressen lässt.

Tom Hardy ( Warrior, The Dark Knight Rises ) reiht sich reibungslos, in Steven Knights ( Drehbuch zum Oscar Film Eastern Promises ) Drama in den Club der Filme ein, die jeweils nur einen Schauspieler auffahren. Waren vor ihm einst Ryan Reynolds auf der falschen Seite des Bodens begraben in Buried, sowie Bobby Redford auf hoher See in All is Lost, tut er es ihnen nun in No Turning Back gleich. Obwohl man einmal mit Locke (Hardy) eingestiegen, auf dem Weg nach London, nie das Gefühl bekommt nur einem einzigen Schauspieler beim Agieren zu zusehen. Durch ständiges Klingeln der Freisprecheinrichtung erlebt Hardy so gut wie nie eine ruhige Minute und diese ist ihm bis zum Ende seiner Fahrt auch nicht vergönnt.

Wie einfach, aber dennoch wirkungsvoll die banalsten Dinge sein können...

Locke hat eine Entscheidung getroffen und versucht diese nun in einer fast 90 minütigen Fahrt zu verwirklichen. Und von da ab beginnt auch die große Magie, die der Film entwickelt. Minute für Minute, Satz für Satz, Kilometer um Kilometer, Mensch um Mensch, werden die Konsequenzen sichtbarer, die die Entscheidung welche er beim Einsteigen getroffen hat spürbarer. Und dabei trifft es den Zuschauer ins Mark. Kaum eine Szene, die nicht aus dem Leben gegriffen scheint. Dialoge die noch lange nachhallen. Kinderstimmen, die so niederschmetternd die Magengegend penetrieren aufgrund der Ausgangssituation sowie vor Verzweiflung dem Abgrund nahe stehende Menschen sind so rund geschrieben wie das Symbol des Autoherstellers auf der grau schimmernden Autohaube des Boliden.

Lockes Entscheidung, die die Pfeiler seines Lebens bröckeln lassen wurde aber nicht ab dem Moment, des ersten aufheulen des Motors gefällt, sondern schon Acht Monate zuvor. Locke, Bauleiter einer renommierten Baufirma, verheiratet, bekommt die Nachricht, dass sein einmaliger Fehltritt Konsequenzen hat und zwar Zweibeinige. Er wird nochmal Vater, zum dritten Mal. Nur dieses Mal nicht von der eigenen Ehefrau sondern resultierend aus eben jenen Entscheidung mit einer anderen Frau zu schlafen. Aus dieser Ausgangssituation heraus beginnt der Alptraum dem sich Locke stellen muss. Viel mehr, sich stellen will. Er trifft die Entscheidung dafür ein zustehen was er getan hat und nicht mehr rückgängig machen kann. Und Gegen das weglaufen, wie einst sein Vater es tat.

In No Turning Back geht es plump gesagt nur um Telefonate, die Locke, während der in Echtzeit erlebten Fahrt, zum Krankenhaus seines unehelichen Kindes führt. Die Themen darin sind universell, kann sich doch jeder in die Situation hineinfühlen, wenn er eine nicht mehr auf zu haltende Sache einem geliebten Menschen wenn nicht sogar der am meisten geliebten Person erklären muss. Wie den unaufhörlichen Fluss der Autos auf der Autobahn, so lässt sich das nun los getretene nicht mehr aufhalten. Locke versucht mit aller Macht sein Leben wieder in die richtige Bahnen zu lenken, nur haben Autobahnen meist keine Kreuzungen. Nur Ausfahrten auf die man keinen Einfluss hat. No Turning Back. Wer hat schon mal versucht auf der Autobahn zu wenden? Und genauso wenig geht es in der Autobahn des Lebens, einmal entschieden fährt man auf ihr.

Hardys Reise im Personenkraftwagen wird dabei immer wieder von zauberhaften Kameraeinstellungen eingefangen. Dabei wird nicht nur die Atmosphäre einer nächtlichen Fahrt auf dem Highway gnadenlos stimmig aufgesaugt, wie es fast nur noch in Scott in Collateral besser zu sehen, sondern auch das Gesicht des Charakters wird zur sich ständig verändernden Oberfläche der Emotionen. Hardy spielt um sein Leben, stellt den innerlich zerrissen von Schuld geplagten aber dennoch aufrechten Beton Malochers mit all seiner Kunst grandios dar. Wenn man auch klar Stellung beziehen kann und gegen Hardy in den Krieg ziehen will oder das Vorhaben konsequent findet, froh ist man dennoch nicht selber hinterm Lenkrad sitzen zu müssen.

Aber wie oft sitzen wir denn nicht selbst hinterm Lenkrad unseres Lebens und müssen, wie er Dinge tun die unangenehm sind oder Konsequenzen nach sich ziehen. Dabei sind es bei Locke nicht nur Baustellen die sein privat Leben betreffen sondern auch seine Kariere, seine Existenz. Wie oft begeben wir uns nicht selbst, auf die Autobahn des Lebens, wenn wir Entscheidungen treffen, sie verkünden und es kein Turning Back mehr gibt?

Wenn die Lichter des Autos aus den bayrischen Motorenwerken verblassen im Dunkel der Nacht und Hardy seine Destination erreicht hat, der Abspann über den Bildschirm flackert. Ein letztes Mal der wie die Faust auf Auge passende, zu jeder Sekunde unterstützende Score verklingt. Einem langsam bewusst wird, das No Turning Back ein Ende gefunden hat. Man sich selbst dabei erwischt wie man Pläne für die nächste Fahrt schon gedanklich schmiedet- auf der Autobahn der Entscheidung dann hat Tom Hardy es geschafft mit No Turning Back bei ihnen Beifahrer im Kopf zu werden. Der längere Zeit nicht aussteigen wird.
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Re: (Review) No Turning Back (Tom Hardy)

Beitrag von Agent K » Freitag 2. Januar 2015, 07:58

Sam Trautman hat geschrieben:| See full cast and crew »
Naja, dann kann man auch gleich den Link zu IMDb stehen lassen...
Sam Trautman hat geschrieben:...in den Club der Filme ein, die jeweils nur einen Schauspieler auffahren...
CASTAWAY, GRAVITY, MOON...
Sam Trautman hat geschrieben:... auf der falschen Seite des Bodens begraben...
Welches ist denn die richtige Seite? ;)
Sam Trautman hat geschrieben:...wie es fast nur noch in Scott in Collateral besser zu sehen...
Scott? :ponder:

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Re: (Review) No Turning Back (Tom Hardy)

Beitrag von student a.d. » Freitag 2. Januar 2015, 09:55

Agent K hat geschrieben:
Sam Trautman hat geschrieben:| See full cast and crew »
Sam Trautman hat geschrieben:...in den Club der Filme ein, die jeweils nur einen Schauspieler auffahren...
CASTAWAY, GRAVITY, MOON...
Ich halte da ALL IS LOST für das wesentlich bessere Beispiel. CAST AWAY stimmt nur phasenweise und auch bei GRAVITY nicht vollständig.
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Re: (Review) No Turning Back (Tom Hardy)

Beitrag von Agent K » Freitag 2. Januar 2015, 10:46

student a.d. hat geschrieben:Ich halte da ALL IS LOST für das wesentlich bessere Beispiel
Letztlich geht es nur darum wie konsequent das "Alleinsen" umgesetzt wird (ständig mit anderen über Telefon zu labern ist auch nicht "allein"), aber es gibt halt nicht nur drei Filme, die auf dieses Prinzip aufbauen (I AM LEGEND, THE QUIET EARTH, etc.)...

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Re: No Turning Back (2014)

Beitrag von Agent K » Donnerstag 21. Januar 2016, 18:37

Tolles Teil. Quasi ein bebildertes Hörspiel auf vier Rädern. Ein Mann und sein Auto-Telefon. Und man muss es eigentlich gesehen haben, um zu glauben, dass dieses spartanische Konzept problemlos funktioniert. Die Dramaturgie zieht kontinuierlich mit jedem weiteren Anruf an, die thematisierten Probleme sind glaubhaft, alle Beteiligten bleiben zutiefst menschlich, es ist teilweise amüsant, teilweise rührend, teilweise spannend. Die volle Klaviatur der Gefühle. Und ohne jegliche Superlative habe ich hier dem Ende bzw. der Auflösung mehr entgegengefiebert, als beim Löwenanteil aller hochbudgetierten Blockbuster...

9/10

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Re: No Turning Back (2014)

Beitrag von Sam Trautman » Donnerstag 21. Januar 2016, 22:56

Freut mich das dir der Film auch gefällt, viele trauen sich an solche Filme nicht heran. No turning back ist eine Perle und zeigt das Tom Hardy einfach ein Ausnahmeschauspieler ist.
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